Das bayrische Bad Tölz ist ein „Schmuckkästchen“

Nach der Auffahrt mit der Kabinenbahn von Lenggries bis auf die Brauneck-Bergstation ist das Ziel in der Winterlandschaft die Tölzer Hütte. Nach der Auffahrt mit der Kabinenbahn von Lenggries bis auf die Brauneck-Bergstation ist das Ziel in der Winterlandschaft die Tölzer Hütte.

von Hannes Krois
„Auf der Suche nach dem Bullen von Tölz...“

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Dieses Thema hatte ich schon vor gut 20 Jahren in eine Reisereportage verpackt. Jetzt folgt die erweiterte Geschichte über eine der reizendsten Regionen Europas. Wir sprechen wohlbemerkt von der Landschaft und den wunderschönen Häusern und einem Menschenschlag, dem „Saupreiß“ immer gerne auf der Zunge liegt. Für „falsche Hund“, Weicheier, Warmduscher und Übersentimentale sei  Vorsicht geboten. Die Menschen in der Tölzer Region haben das Herz am rechten Fleck. Mehrheitlich mag man die Münchner nicht. Dafür eher noch die Tiroler und auch die Steirer. Das wundersame Bad Tölz liegt unweit vom Tegernsee und nördlich vom Karwendel-Gebirge. Der Achensee mit dem legendären Posthotel in Tirol ist nicht weit. Die Berge rund um Bad Tölz sind im Winter Skiregionen pur. Im Frühling, Sommer und Herbst ist Bad Tölz Zentrum für Wanderer, Biertrinker, Fotografierer, Historiker, Künstler, Feinschmecker, Erholungssuchende usw. Die Jahrhunderte alten Häuser wie für die Modelleisenbahn, die Wiesen im Sommer mit all den Kühen so grün. Der Schnee im Winter glänzt mit all der Kraft der Kristalle in der Sonne. Inmitten von Bad Tölz die Isar. Der Fluß Isar verbindet historisch die Stadt und die Region. Vom Ursprung im Karwendelgebirge hatte sich die Isar in den Jahrhunderten der Geschichte soweit an Wassermassen genährt, daß die Bad Tölzer vorrangig durch das Gewerbe der Flösser reich wurden. Die Flösser brachten ab der Tölzer Region ihr Ladegut über München, Landshut und Deggendorf mit der Einmündung in die Donau bis Wien und ferne Ziele bis zum Schwarzen Meer. Im Mittelalter buddelten die „Tölzer Kalkweiber“ die Kalksteine aus der Isar. Kalk  auch für die Fassade des Wiener Stephansdoms. Die Flösser brachten alle Ladegüter die Isar abwärts. In der alten Poststation, dem heutigen Kolberbräu (www.kolberbraeu.de) gibt es gepflegte und historisch gemütliche Zimmer. Mittendrin in der Marktstraße und somit im Zentrum von Bad Tölz.

Mit dem Gasthaus hat sich Andreas Binder einen Traum erfüllt.

Im Schoko-Rendevous präsentiert Brigitte Blanke köstliche Pralinen.

 Kurz Einchecken und schon ist Herr Holger Lortz vom Tölzer Land Tourismus da. Ein einstiger Schifftechniker aus Rügen, der um nichts in der Welt von der Tölzer Region weggehen würde. Nach einem Schnee-Spaziergang über die Brücke und entlang der Isar sind wir beim Tölzer Binderbräu angelangt. Es ist Donnerstagabend und es ist schon ziemlich was los in dieser Wunderwelt von Braugasthaus. In einem Extra-Eck hocken schon die Musiker, die jeden Donnerstag aus Freud und Gaudi „Boarisches“ aufspielen. Die Duftwolken im Binderbräu emulgieren zwischen frischem Schweinsbraten, Schweinhaxn, Krustenbraten, Erdäpfelsuppe, Bierkutschergulasch, Zwiebelfleisch, Sauerkraut, Reiberdatschi, Bierwürstl usw. Und dazu die Aromen von den frisch gezapften selbstgebrauten Bieren. In einer Menge, daß man im Normalfall keinesfalls alle Sorten probieren könnte. Gegen den Binderbräu in Bad Tölz kann man das touristische Münchener Hofbräuhaus in die zweite Liga schicken. Der Wirt Andreas Binder ist zudem das Bad Tölzer Geschichtsbuch. Der gelernte Steinmetz Andreas ist nicht nur Sammler von historischen Gegenständen, zudem Feinschmecker für Bier und das Deftige und war für 14 Jahre Museumsleiter in Bad Tölz.

„Tölzer Hütte“-Wirtepaar Georg Glaßner&Johanna Matheis mit Bier und Schmarrn.

Donnerstags kommen die Tölzer Heimat-Musiker fürs musikalische Stelldichein zusammen.

Für die Filmszenen rund um den „Bullen von Tölz“ saß der Ottfried Fischer dann immer in seinem Museum, das künstlich zur Tölzer Polizeistelle umfunktioniert war. Die Tölzer waren damals insgesamt gegen die filmische „Verorschung“ ihrer geliebten und einzigartigen Stadt. Den Liebreiz von Tölz hatte schon Thomas Mann erkannt und verbrachte zwischen 1909 und 1917 mit seiner Familie hier die Sommerferien. Auch der Münchener Architekt Gabriel von Seidl kam ab 1890 immer wieder zur Sommerfrische nach Bad Tölz. Sicher war das Bier mit im Spiel. Jedenfalls köderten die Tölzer den Architekten, der allen Häusern in der Marktstraße die markanten Giebel-Fronten „verpasste“. Dazu noch die Beschriftungen an den Fassaden nach der Geschichte auf Weisung des „Giebel-Gabi“. Unweit vom Marionettentheather und dem Bulle von Tölz Museum ist auch der Standort der Floriani-Statue. Die Frauen, so Stadtführerin Birgit Mayr, umgehen mehrheitlich die Figur. Wegen des kna- ckigen „Oarsch“ des Heiligen. Errichtet von den Tölzern gegen das benachbarte Zollamt mit den Fenstern in Augenhöhe. Irgendwann hauten dann die Finanzler ab. Eine höchst bemerkenswerte Figur ist die Marienstatue in der Marktstraße. In den letzten Kriegstagen 1945 wollten die Amerikaner Bad Tölz bombardieren. Plötzlich kam über dem Tölzer Land eine derartige Nebeldecke auf, daß die US-Piloten nichts mehr sehen konnten. Die Bombardierung von Bad Tölz blieb aus. In Folge der Gnade Gottes wurde der Reichsadler auf der Brücke eingeschmolzen und das Eisen zur Marienstatue geformt. Die Brücke selbst, wurde von SS-Junkerschülern gegen die Amerikaner verteidigt. Stoff für den Film „Die Brücke“ von Bernhard  Wicki nach der Geschichte des Tölzers Gregor Dorfmeister. In die Kaserne der SS-Junkerschule rückten in Folge die Green Barrets der Amerikaner ein. Heute sind auf der sogenannten Flinthöhe das Landratsamt, Hallenbad und Städtische Sauna. Bei den geführten Saunagängen erfährt man übrigens alles, was in Bad Tölz so läuft...

Aus dem Stahl des Reichsadlers wurde diese Marienstatue gegossen.

Den wunderbaren Gebirgsenzian brennt Claus Janßen.

An diesem Floriani gehen Frauen „oarschwegs“ mit Freuden vorbei.

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