Bremen: Borgward, Mercedes und Kaffee HAG

Borgward-Welttreffen 2016 an der Waterfront in Bremen im Zeichen einer Sensation: Die Marke Borgward gibt es wieder. Auf dem Foto 60 jährige Edelstücke. Borgward-Welttreffen 2016 an der Waterfront in Bremen im Zeichen einer Sensation: Die Marke Borgward gibt es wieder. Auf dem Foto 60 jährige Edelstücke.

von Hannes Krois
Hansestadt Bremen!

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Eine Stadt mit unglaublicher Vielfalt. Ein Stadt für Feinschmecker, Historiker, Biertrinker, Techniker, Autofreaks, Romantiker, Weinliebhaber, Kaffeeliebhaber, Märchenerzähler, Schiff-Fans usw. Bremen ist die Flügeltür in die Welt. Und somit lernt Bremen aus der Vergangenheit, steht mit beiden Beinen in der Gegenwart und ist in vielen Bereichen in der Zukunft anderen voraus. In der Hansestadt Bremen wurden immer schon die schönsten Autos produziert. Damals, Anfang der 60er Jahre prägte sich dieses wunderschöne Bildnis eines Autos in mein Gedächtnis ein. Die „Isabella“ von Borgward meines Onkels. In wunderbarem Rot auch mit roten Ledersitzen. In der Optik wie ein kleiner US-Flitzer. Dagegen schauten in jenen Zeiten Volkswagen&CO regelrecht traurig aus. Nach dem jähen Aus des Unternehmens Borgward rettete sich zumindest die Automarke in den Herzen der zahlreichen Autofreaks über lange Jahrzehnte weiter. Mit ihren peinlichst auf Schuß gebrachten Borgward-Oldies gestalteten die Liebhaber dieser noch immer wunderschönen Autos wiederum das „Borgward-Welttreffen“ in Bremen. Ich durfte dabei sein. Als Einstieg in die Bremer Automobilszene ist allerdings die Überseestadt zu empfehlen. Speziell der sogenannte Schuppen 1 in der Konsul Smidt-Straße 1. In dem riesigen historischen Stückgutsumschlagschuppen befindet sich das Paradies für Oldie-Fans. Für Sammler und Käufer von Retro-Automobilen. Also bestens auf Glanz gebrachte ältere oder ganz alte Autos aller kultigen Marken. Denn ältere Fahrzeuge mit Originallack und einwandfrei in Aussehen und Technik lassen nicht nur das Herz mancher Sammler höher springen. Diese Autos sind auch zur guten Wertanlage geworden. Somit alles andere, als „alte Reib`n“  reihen sich hier glänzende Fahrzeuge aus den Epochen der automobilen Entwicklung. In quasi gläsernen Werkstätten wird improvisiert und perfektioniert.

Auch aus der Steiermark war ein Borgward-Oldie beim Welttreffen dabei.

Im Schauraum im Mercedes-Werk strahlen die Sterne.

Das Obergeschoß im Schuppen 1 steht im Zeichen höchst moderner Loft-Appartments mit einzigartigem „Zugang“ mit dem eigenen Auto. Und so funktioniert es: Hinein in die Garageneinfahrt im Parterre. Dann mit dem Autolift ins Obergeschoß und in das eigene Appartment mit dem speziellen Platz für den blechernen Zeitlebens-Partner. Sosehr kann man in Bremen ein Auto lieben! Jetzt ist aber eine Kaffeepause in der Überseestadt angesagt. Und zwar im Lloyd Caffee am Fabrikenufer 115 im sogenannten HAG-Gebäude. Hier eröffnet sich eine Bremer Kaffee-Welt, die weltweit Furore machte. Hier gründete im Jahre 1906 der Großhändler Ludwig Roselius seine Kaffeedynastie als Handels-Aktien-Gesellschaft. Also HAG! Dieser Kaffee HAG sollte als weltweit einziger koffeinfreier Kaffee in die Geschichte eingehen. Denn HAG wurde zum Renner für Herzkranke und alle, die Angst vor solch einem Leiden hatten. Im Jahre 1929 kam Kaba als Kakaopulver hinzu. Kaffee HAG und Kaba erhielten das unübersehbare rote Herz auf die Verpackung. Ab 1950 ergänzte die Kaffee-Marke Onko das Sortiment. Im Jahre 1979 verkaufte Ludwig Roselius Sohn das Unternehmen an die General Foods Corporation. Heute Mondelez International. Im alten Marmorsaal bekommt man bei einer Tasse Kaffee viel über Anbau und Röstung der Kaffeesorten zu hören.

Christian Borgward startet die Familiengeschichte der Kultmarke neu.

Im HAG-Gebäude stehen HAG-Kaffee und Kaba im Mittelpunkt.

Nun ist aber wieder Benzin in der Luft gefragt. Auf dem riesigen Areal an der sogenannten Waterfront wurden die nostalgischen Borgward-Modelle in Reih und Glied aufgereiht. Limousinen, Coupes und auch Borgward-Feuerwehrfahrzeuge und LKWs. Eine Augenweide für alle Fans dieser kultigen Marke. Von überall aus Europas waren die alten Borgwards angereist. Auch aus der Steiermark und Wien. Mein journalistisches Karma zog mich an einen Sessel im Schatten eines Borgward-Zeltes.

Neben mir ein sympathischer Mann, mit dem ich ins Gespräch kam. Es war zufällig Christian Borgward. Der Enkel des Firmengründers Carl Friedrich Wilhelm Borgward. Christian Borgward ist Aufsichtsratsvorsitzender der neuen Firma Borgward. Nach der damals von der Konkurrenz und Neidern beklatschten Pleite des größten Arbeitgebers Bremens im Jahre 1961, richtet sich die Marke Borgward derzeit wieder neu auf. Mit dem Geld des chinesischen Lastwagenherstellers Foton läuft bereits die Produktion des SUV BX7. Ab 2017 werden die ersten neuen Borgward-Autos wieder auf unseren Straßen zu sehen sein. Hauptsitz des neuen Borgward-Unternehmens ist in Stuttgart. Über die Leistung seines Enkels Christian hätte sich der visionäre Firmengründer wohl sehr gefreut. Auf dem ehemaligen Borgward-Betriebsgelände in Bremen ist der Mercedes-Stern seit Jahren das Herzstück für 12.500  bestens geschulte Mitarbeiter. Vom Feinblech weg werden hier folgende Mercedes-Fahrzeuge hergestellt: T-Modell, Coupe C-Klasse, Coupe und Cabriolet der E-Klasse, Geländewagen GLC und die Roadster SLC und SL.

Die Produktion ist eine Symbiose deutscher Wertarbeit, bester Materialien und hoch intelligenter Logistik. Schlußendlich ist jeder Mercedes aufgrund der unglaublich vielen technischen und optischen Angebote höchst individuell. Die Lieferanten sind auf Pünktlichkeit getrimmt. So spart sich Mercedes Lager- und Personalkosten. Werksführungen sind höchst empfehlenswert. Täglich ab 9,15 bis 14,45 Uhr im Stundentakt. Nicht nur für historisch Interessierte bietet das gigantische Bauwerk des Bunkers Valentin Einblicke in die dunkle Zeit des II. Weltkrieges. Direkt an der Weser, außerhalb von Bremen errichteten KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene ein Betonmonster. 400 Meter lang, 100 Meter breit und 30 Meter hoch. Ziel war es, unter den meterdicken Betonmauern U-Boote im Fließbandbetrieb herzustellen. Alle 56 Stunden sollte somit ein nagelneues U-Boot über die Weser in die nahe Nordsee eintauchen. Eine geniale technische Idee der Marineführung. Die Allierten hatten allerdings schon längstens die Lufthoheit. Und im März 1945, als der Bau zu 90 Prozent fertig war, rissen Luftangriffe riesige Löcher in die Decke. Der Bau wurde somit eingestellt. Das menschliche Elend rund um den Bau war enorm. Bis zu 12.000 Arbeiter waren täglich in zwei Schichten eingesetzt. Der Tod war der dauernde Begleiter. Der Bunker Valentin ist seit kurzem eine gigantische Gedenkstätte. www.denkort-bunker-valentin.de
Abschalten kann man unweit in Bremen-Vegesack direkt an der Weser im Hotel-Restaurant Havenhaus. Im 30jährigen Krieg (1618-1648) Amtshaus des Hafenmeisters. Heute ein wunderbares Restaurant. Infos unter www.hotel-havenhaus.de.

Gewaltige U-Boot-Bunkerfabrik Valentin ist heute Gedenkstätte.

Einzigartige „Autolift-Garage“ der Luxus-Lofts im Bremer Schuppen 1.

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